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In meinem Beitrag »Ein heilender Augenblick« habe ich 2 Faktoren angesprochen, die ich als »Gamechanger« in meinem beruflichen Leben empfinde.

Der Erste: Wenn man etwas wirklich will und wenn man zugleich unter dem Bammel leidet, es könne schiefgehen, und wenn man spürt, wie einen der Konflikt auffrisst – dann ist eine couragierte Entscheidung die beste Medizin. Denn Courage ist für mich die Kombination aus Angst und Mut. Man hat Schiss, geht aber trotzdem los.

Lass mich in diesem Artikel über die zweite Kraft sprechen, die mein Leben radikal verändern sollte.

Sei begann eher unwissentlich am 15. September 2008. Die amerikanische Lehman Brothers Bank ging pleite, und kurz darauf drehten weltweit die Börsen ab.

Die Erschütterung auf der globalen Bühne der Weltwirtschaft erreichte nur wenig später auch mein eigenes abgeschiedenes Dasein in der ostwestfälischen Kleinstadt Gütersloh. Meine größten Kunden ließen mich wissen, dass sie bis auf Weiteres ihre Weiterbildungsetats einfrieren würden.

Ciao Seminaraufträge.

Coachinganfragen? Mein Telefon schwieg.

Das Schlimmste daran: Mein Software-Projekt hatte sämtliche finanziellen Rücklagen aufgefressen, so dass es also auch keine Reserven mehr gab. Das Einzige, was ich noch mein Eigen nennen konnte, war eine Website namens »coach-your-self.tv« – ein zartes Pflänzchen, das jedoch keinen nennenswerten Gewinn abwarf.

Kurz: Ich stand mit dem Rücken zur Wand.

Und das als Familienvater mit zwei Söhnen, von denen einer just ein Jahr alt geworden war.

Das war der Punkt, an dem mich eine herbe Angst überfiel und unbarmherzig zu Boden drückte. Eine Angst, wie ich sie zuvor noch nie gespürt hatte. Eine Angst, die in meinem Kopf unzählige Horrorszenarien entfachte.

Was, wenn ich pleite gehen würde?

Was, wenn wir das Dach über dem Kopf verlieren würden?

Was, wenn wir uns kein Essen mehr leisten könnten?

Wenn ich morgens aufwachte und noch für einen kurzen Augenblick friedvoll vor mich hindämmern wollte, sprang die Angst mich an und biss sich in meine Gedanken fest.

Ich wusste: Jetzt war Handeln angesagt, um meinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Aber die Angst lastete bleischwer auf meiner Brust und ließ nicht von mir ab.

Zeitgleich überschlugen sich die Hiobsbotschaften in den Medien. Aktien rauschten in den Keller, Banken mussten mit aberwitzigen Geldsummen gerettet werden und die Spekulationen, wer als Nächster pleite zu gehen drohte, zogen wie düstere Dementoren durchs Weltgeschehen und saugten jegliche Zuversicht aus der Psyche.

Was auch immer ich versuchte, um der Angst Herr zu werden, scheiterte an ihrer massiven Wucht. Jede Coachingtechnik, die ich in den letzten zwanzig Jahren gelernt, erprobt und erfolgreich angewandt hatte, versagte. Keine Motivationstechnik, kein Umdenken meiner Überzeugungen, kein Loslassen der Emotionen vermochte sie zu vertreiben.

Im Gegenteil: Sie klammerte sich nur noch fester an mich.

In meiner Not begann ich zum Thema Angst zu recherchieren, führte Interviews mit Koryphäen wie Gerald Hüther, Matthias Horn und anderen durch. Nach und nach begann ich die Theorie zu begreifen, warum wir Angst haben und wie sie funktioniert.

Aber es war ein sehr spezielles Interview, das mein Leben für immer verändern sollte.

Ich erinnere mich noch so klar, als ob es Heute wäre, an jenen sonnig warmen Frühlingstag, an dem ich den amerikanischen Zenmeister Genpo Roshi traf.

Ich hatte ihn um ein Interview zu seinem frisch erschienenen Buch »Big Mind« gebeten. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stand ein Prozess, bei dem er angeblich seine Probanden mit eben jenem so genannten Big Mind, einer Art Höherem Selbst verbinden könne.

Keine Ahnung warum, aber mitten im Interview fragte er mich, ob ich selbst Interesse an einem Kontakt hätte. Ich sagte Ja und nur wenige Sekunden später versank ich in einen anderen Zustand.

Als Erstes spürte ich Gänsehaut. Begleitet von einem Rieseln durch den ganzen Körper. Dann änderte sich meine Wahrnehmung vom Raum schlagartig.

Alles um mich herum wurde klarer. Leuchtender. Intensiver.

Wie aus dem Nichts wurde ich mir gewahr, dass mir die Worte fehlten. Obwohl ich alles um mich herum schon oft genug gesehen hatte, wusste ich es nicht zu benennen. Begriffe wie »Stuhl« oder »Tisch« spielten keine Rolle mehr. Es gab auch keine Bewertungen wie »Das Geschirr sieht schön aus.« oder »Warum hat man bloß diese hässliche Tischdecke aufgelegt?«

Inmitten des wortlosen Staunens bemerkte ich, dass die hektisch nervöse Betriebsamkeit, die sonst mein Denken beherrschte, verstummt war.

Stattdessen spürte ich eine Präsenz in mir. Still. Lebendig. Neugierig. Eine Lust, alles im Leben zu erkunden: das Freudige wie das Angstmachende, das Dröge sowie das Aufregende, das Wollüstige ebenso wie das Erhabene.

Das alles geschah faktisch gesehen binnen Sekunden, mir kam es jedoch so vor, als sei ich in etwas Ewiges abgetaucht, in dem sich die Zeit grenzenlos ausbreitet.

Aber dann schwappte eine Frage von Genpo Roshi an die Gestaden meines Geistes, und ich kehrte mit meiner Aufmerksamkeit zurück ins Restaurant.

Der Zustand verflüchtigte sich schnell wieder, und als ich später vom Hof fuhr, war er zu einer Erinnerung geronnen.

Umso verblüffter war ich, dass ich in den Wochen nach meiner Begegnung mit Genpo Roshi immer häufiger an diesen weisen Anteil herankam. Zum Beispiel bei einem Discjockey namens Thorsten, der längere Zeit dem Nachtleben gefrönt hatte und nun von einer Unruhe heimgesucht wurde: Welchen Beruf sollte er nach dem Studium ergreifen?

Als wir dem Gefühl der Unruhe nachgingen, wurde er sich eines Anteils gewahr, den er den »dunklen Smiley« nannte. Smiley war jedoch ziemlich helle und erinnerte ihn an eine Begebenheit, in der Thorsten in einem Esoterikladen gelandet war und ein faszinierendes Gefühl von »Hier gehöre ich hin« verspürt hatte.

»Wie hast du das nur vergessen können?«, fragte Smiley in unserer Session, und Thorsten fühlte sich auf tiefe Weise berührt. Dann legte ihm Smiley seinen weiteren Karriereweg dar: Studium zu Ende bringen, danach Trainer und Coach werden. Und Bücher schreiben, um seine Arbeit in die Welt zu bringen.

Das Thema? Kommunikation.

Was mich daran am meisten erstaunte, war die Klarheit, mit der Smiley seine Pläne verkündete – ganz anders als der leicht verunsicherte Thorsten, der mich angerufen hatte.

Und dann meldete sich mitten in einem Coaching mit einer Frau meine eige- ne Innere Stimme zu Wort. »Frag sie mal, ob sie Probleme mit Sex hat.« Wie bitte?, dachte ich, das mach ich nicht! »Frag«, meinte die Stimme, und: Bingo! Genau das war ihr Thema.

Fortan begann ich in meinen Trainings und Coachings auf meine Intuitionen zu achten.

Ich bekam klare Anweisungen, wonach ich fragen und bei welchen Aussagen ich besonders hellhörig reagieren sollte. Und je mehr ich mit meiner eigenen inneren Stimme in Kontakt war, desto leichter gelang es meinen Coachingklienten, ebenfalls ihre ganz eigene Weisheit anzuzapfen.

Statt im Dunklen herumzustochern, reichte es, den Draht zu der Inneren Stimme meiner Coachees herzustellen, und schon plauderten sie alles aus, was wir für das Coaching wissen mussten.Schließlich bat ich eines Tages die Innere Stimme einer Frau, die an nervösen Zuständen litt, ob sie nicht die ganze Sache mal just heilen könne. Aber klar doch, meinte die Innere Stimme, und voilà: Ruhe kehrte ein. Das ge schah jedoch nicht immer. Die Innere Stimme übernahm den Job nur, wenn sie der Meinung war, dass ihr Schäfchen den aktuellen Herausforderungen nicht gewachsen war.

Oft ermunterte die Innere Stimme meine Klienten, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Wie ein guter Elternteil, der wusste, wann er sein Kind fördern oder fordern sollte.

Ich wurde als Coach auf äußerst angenehme Weise immer fauler, denn die Hauptarbeit erledigte nunmehr nicht mehr ich, sondern der Coachingklient mit seiner Inneren Stimme.

Angefixt von den Coachingerfolgen begann ich zu recherchieren, was es an Literatur zum Thema gab. Und zu meiner hellen Freude und vielleicht auchErleichterung stellte ich fest, dass ich nicht der Einzige war, der eine Innere Stimme hörte.

Zum Club der Auserwählten zählte zum Beispiel Albert Einstein. In einem Interview wurde er gefragt, wie er sich die plötzlichen Durchbrüche in der Wissenschaft erkläre. Seine Antwort: »Ich glaube an Intuitionen und Inspi- rationen.«

Steve Jobs, der Mitbegründer von Apple, riet in seiner berühmten Abschlussrede an der Stanford University: »Lass den Lärm anderer Leute Meinungen nicht deine eigene Innere Stimme ertränken. Und am wichtigsten: Hab Mut, deinem Herzen und deiner Intuition zu folgen. Irgendwie wissen sie bereits, was du wirklich willst. Alles andere ist sekundär.«

Apropos Abschlussrede: Larry Page, einer der beiden Gründer von Google, schilderte 2009 in seiner Ansprache vor Studenten der Universität von Michigan, dass er einen wichtigen Algoríthmus für die Suchmaschine intuitiv im Traum empfangen hatte.

J. K. Rowling, die Autorin von Harry Potter, gestand in einem Interview mit Oprah Winfrey, dass sie die Idee zu der Buchserie von einer »Inneren Stimme« erhalten hatte, die ihr nicht nur die Idee, sondern auch alle weiteren Details lieferte.

Steven Spielberg gestand auf einer Rede vor Harvard-Studenten 2016, dass er seine großen Filmerfolge einer leisen, eher bescheiden auftretenden Inneren Stimme verdankte, die ihn immer wieder aufs Neue inspirierte.

Aber die Innere Stimme war nicht nur für ihn eine Muse, sondern auch für Mozart. »Am Abend«, schrieb er in einem Brief an seine geliebte Constanze, »fließen die Ideen am besten und am reichhaltigsten.« Mozart komponierte also anscheinend nicht, indem er sich Melodien ausdachte, sondern indem er sie empfing.

Kurz und gut: Ich befand mich nicht unbedingt in der schlechtesten Gesellschaft, was das Thema Innere Stimme betraf.

Und sie spielt beim Essenza-Prozess eine ganz entscheidende Rolle. Sieh selbst….